Gilads Grammophon - Ausgabe 10

Robert Schumann – Sinfonie Nr. 3 in Es-Dur, Opus 97 „Rheinische“

Am 8. Juni 1810 in Zwickau geboren, studierte er in Leipzig und Heidelberg Jura, widmete sich aber bereits während seines Studiums fast vollständig der Musik. Er erhielt Klavierunterricht beim Vater seiner späteren Frau, verlor aber die Chance auf eine Pianistenlaufbahn, nachdem seine Finger durch ein selbstentwickeltes Gerät zur Fingerübung verletzt wurden. Zu Lebzeiten war Schumann weder als Dirigent noch als Komponist sonderlich bekannt, da er immer stärker nach Innen gewandt war und zudem seine Schwierigkeiten im Umgang mit Orchestern hatte. Nachdem er von Felix Mendelssohn Bartholdy an das Conservatorium der Musik in Leipzig gebracht worden war, verließ er Sachsen im Jahr 1850, nachdem ihm bewusst geworden war, dass er in Leipzig keine Festanstellung finden würde, nicht zuletzt da er als Dirigent keineswegs so talentiert war wie Mendelssohn Bartholdy. Die Stadt Düsseldorf in der preußischen Rheinprovinz bot ihm jedoch die Position als städtischen Musikdirektor an, weswegen er zusammen mit seiner Frau Clara, die er im Jahr 1840 gegen den Widerstand ihres Vaters geheiratet hatte, Sachsen verließ. 1854 unternahm Schumann einen Selbstmordversuch indem er sich in den Rhein stürzte, was nicht letztlich ein Ausdruck einer seelischen Krise war. Krankenakten aus dieser Zeit vermuten jedoch einen Zusammenhang zwischen seinem Selbstmordversuch und einer frühen Syphilis, an der er litt. Letztlich starb Schumann im Jahr 1856 im Alter von nur 46 Jahren. Trotz seiner kurzen Lebensspanne komponierte Schumann eine Vielzahl von Klavierwerken, Liedern, Kammermusiken, Chormusiken sowie vier vollständigen Sinfonien und vielen weiteren Werken. Besonders seine Klavierwerke wie

etwa die Kinderszenen, sind noch heute äußerst bekannt. Nach diesen allgemeinbiographischen Angaben kommen wir nun zur Entstehungsgeschichte der Dritten Sinfonie „Rheinische“.

Robert und Clara Schumann zogen im September 1850 von Leipzig aus nach Düsseldorf um, da ihm in Sachsen eine sichere Festanstellung verwehrt blieb und er in Düsseldorf eine Stelle als städtischer Musikdirektor annahm. Die Düsseldorfer bereiteten ihm einen herzlichen Empfang, ein starker Gegensatz zu Leipzig und Dresden, wo er nur wenig Anerkennung gewonnen hatte. Schumann, der durch seine herzliche Begrüßung und die neuen Eindrücke in eine euphorische Stimmung versetzt wurde, begann damit diese Eindrücke musikalisch ausdrücken zu wollen. Während er im Oktober noch ein Cellokonzert komponierte, widmete er sich im November dem Werk, das die 3. Sinfonie werden sollte. Durch eine Äußerung Schumanns wurde überliefert, dass ihn der Anblick des unfertigen Kölner Doms, welcher seit 1842 weitergebaut wurde, äußerst inspiriert haben soll. Innerhalb eines Monats – für eine Komposition eine äußerst kurze Zeit – komponierte Schumann sein Werk. Trotz seiner anfänglichen Euphorie über seine Tätigkeit in Düsseldorf, schlug diese in Frustration um. Der Chor und das Orchester der Stadt waren unzuverlässig, bestanden zum Teil aus Profimusikern, zum Teil aus Anfängern. Nach seinem Selbstmordversuch im Jahr 1854 komponierte er nicht weiter. Die dritte Sinfonie ist nicht in dem Maße eine tonmalerische Musik wie etwa Richard Strauss Alpensinfonie, vielmehr ist sie programmatisch zu verstehen, da die Musik nicht den Rhein oder den Kölner Dom beschreibt, sondern vielmehr die Emotionen, Stimmungen und Gefühle wiedergibt. Das Werk ist trotz seiner fünf Sätze recht kurz und Aufnahmen sowie Aufführungen sind in der Regel etwa 35 Minuten lang.

Bei der Uraufführung der Sinfonie am 5. Februar 1851 wurde das Konzert durch spontanen Applaus zwischen den Sätzen unterbrochen, was für ein Konzert recht unüblich ist, da Applaus zwischen den Sätzen die Konzentration der beteiligten Musiker stört. Aufgrund der Begeisterung durch das Publikum wurde die Sinfonie bereits einen Monat später abermals aufgeführt, ehe die Partitur im Oktober 1851 zum Druck gegeben wurde. Bis heute ist die Sinfonie aufgrund ihrer Zugänglichkeit und ihrer eher positiven Grundstimmung eines der beliebtesten sinfonischen Werke der Klassik. Bekannt wurde die Melodie auch durch die Reportagenreihe „Hier und Heute“ des Westdeutschen Rundfunks, welche einen Ausschnitt des ersten Satzes der Sinfonie als Melodie für das Intro der Sendung bereits seit 1957 Jahren benutzt.



Zur Aufnahme

Die vorliegende Aufnahme stammt vom 11. Juni 2005 und wurde in der NHK Hall in Tokio, Japan aufgenommen. Interpret der Sinfonie sind das NHK Sinfonieorchester unter der Leitung des Dirigenten estnischer Abstammung Paavo Järvi. Obwohl es eine ganze Reihe von Aufnahmen von Robert Schumanns Sinfonie Nr. 3 gibt, angefangen von den Wiener Philharmonikern unter Leonard Bernstein, über die Berliner Philharmoniker unter Herbert von Karajan bishin zum NDR Sinfonieorchester, so sticht diese Aufnahme doch besonders heraus. Järvi entlockt dem NHK Sinfonieorchester eine wunderbare Interpretation von Schumanns Rheinischer Sinfonie, nicht zuletzt durch wunderbare Streicherparts, sondern auch aufgrund des hervorragenden Einsatzes von Blechbläsern, ganz besonders der Hörner im ersten Satz (man achte Beispielsweise darauf, wie Järvi die Hörner ab 0:50 praktisch zum singen bringt). Im Gegensatz zu den meisten Aufnahmen die in Gilads Grammophon behandelt wurden, handelt es sich bei dieser um keine Aufnahme nach historischer Aufführungspraxis, wobei es bei Youtube auch solche Aufnahmen gibt, wer also Interesse daran hat dieses Werk in historischer Art und Weise zu genießen, kann dies mit ein wenig Rechercheaufwand auch tun.



Links zu den Aufnahmen

Paavo Järvi und das NHK-Sinfonieorchester

Robert Schumann: Sinfonie Nr. 3 in Es-Dur Opus 97 "Rheinische"

Link



Andere Werke Schumanns

# Kinderszenen: Von fremden Ländern und Menschen

# Kinderszenen: Träumerei

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Ich möchte mich zum Abschluss abermals für die lange Wartezeit zwischen Ausgabe 9 und 10 entschuldigen, hoffe aber, dass euch die zehnte Ausgabe von Gilads Grammophon erfreuen konnte. Wenn es Fragen, Anregungen, Kritik oder Wünsche für eine zukünftige Ausgabe geben sollte, könnt ihr diese gerne in den Kommentaren äußern. In der nächsten Ausgabe von Gilads Grammophon werden wir uns wieder zurück zum Barock begeben, mit einem Stück, das sich schon von einigen der Leserinnen und Leser gewünscht wurde.

Euer Gilad